So viele waren es noch nie: Rund 50 Vertreterinnen und Vertreter von unterschiedlichen Einrichtungen und Institutionen kamen zum jährlichen Treffen vom „Netzwerk gegen Häusliche Gewalt im Landkreis Stade“ zusammen. Allein das spiegelt die Wichtigkeit dieses Themas wider. Die Zahlen und Statistiken des Stader Frauenhauses und der AWO-Beratungsstelle bei häuslicher Gewalt (BISS) verdeutlichten das abermals.

Elena Knoop, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Stade, hatte zum Netzwerk-Treffen eingeladen. Sie stellte unter anderem einige Neuerungen zur bekannten Tütenaktion „Gewalt?!… kommt nicht in die Tüte!“ vor. Während der Orange Days vom 25. November bis 10. Dezember werden wieder tausende Papiertüten unter anderem in Bäckereien verteilt – diesmal allerdings in einem neuen Design samt QR-Code und in Verbindung mit einer neuen Website, die wichtige Kontaktdaten von lokalen und überregionalen Hilfsangeboten bündelt.


Gewalt in der Partnerschaft ist schambehaftet
Solche Übersichten werden weiterhin dringend gebraucht. Gewalt in der Partnerschaft kommt täglich vor, ist aber immer noch schambehaftet. Das soll sich durch Aktionen und Projekte ändern, wie eben durch die Tütenaktion während der „Orange Days“ Ende November oder durch die Teilnahme am Lauf- und Musikfestival in Harsefeld im Juni. „Wir möchten für häusliche Gewalt sensibilisieren, aufklären und Betroffene ermutigen, sich Hilfe zu holen“, so Elena Knoop.
Denn betroffen sind viele: Jede vierte Frau erlebt mindestens ein Mal in ihrem Leben Gewalt in ihrer Beziehung. Das sind mehr als zwölf Millionen Frauen. Umso wichtiger ist daher die Netzwerkarbeit, wie jetzt im Stader Kreishaus. Mit dabei waren unter anderem die hauptamtlichen und ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten im Landkreis Stade sowie Vertreterinnen und Vertreter von unterschiedlichen Beratungsstellen, des Stader Frauenhauses und der Polizei sowie der Jugendämter, der Justiz und dem Elbe Klinikum.


BISS-Leiterin Renate Winkel verabschiedet sich
Wie präsent häusliche Gewalt auch im Landkreis Stade ist, zeigten die Zahlen der BISS, die im vergangenen Jahr 557 Fälle bearbeitete. In 88 Prozent der Fälle waren die Täter männlich; 463 Beratungsgesprächen wurden geführt; 556 Kinder waren als Zeugen der Gewalt mitbetroffen. Eine große Herausforderung bei der Beratungsarbeit bleibe die Wohnungssuche, berichtete Renate Winkel, BISS-Leiterin. Sie war in dieser Rolle das letzte Mal beim Netzwerktreffen dabei. In wenigen Wochen verabschiedet sich Renate Winkel in den Ruhestand.
Einen geschützten Wohnraum bietet das Stader Frauenhaus. „In den ersten acht Monaten des vergangenen Jahres betrug die Auslastung knapp 90 Prozent“, berichtete Hanne Rathjens, Frauenhausleiterin. „Für Entlastung sorgte dann die Eröffnung des neuen Schutz- und Beratungszentrum für Frauen.“ In dem Zentrum sitzt außerdem die neue Frauenberatung. An die können sich Frauen und Mädchen ab 16 Jahren wenden, die von körperlicher und/oder seelischer Gewalt in der Partnerschaft betroffen sind. Die Beratung ist vertraulich, freiwillig und kostenfrei – und wird immer häufiger genutzt.
Was die Arbeitsgruppen (AG) des Netzwerks bereits in den vergangenen Monaten umgesetzt haben und was noch geplant ist, wurde ebenso in kurzen Tätigkeitsberichten erläutert. Unterschiedliche Netzwerkteilnehmerinnen und -teilnehmer arbeiten in verschiedenen AGs wie Schulische Prävention, Migration und Täterarbeit zusammen, um noch mehr Betroffenen zu helfen, die Präventionsarbeit auszubauen und für das Thema häusliche Gewalt zu sensibilisieren. „Denn Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist nicht hinnehmbar. Genau deswegen arbeiten wir im Netzwerk zusammen“, sagte Elena Knoop.
Hier erhalten Betroffene Hilfe
Stader Frauenhaus: 04141/ 44123
Frauenberatungsstelle: 04141/ 12-5551
AWO-Beratungsstelle bei häuslicher Gewalt (BISS): 04141/ 534415
AWO-Beratungsstelle Lichtblick gegen sexuelle Gewalt: 04161/ 714715
Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“: 116 016 (rund um die Uhr und mehrsprachig)